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„Wir haben diesen Vorschlag keineswegs als Scherz betrachtet.“: Eine Aussichtsplattform für das Fördergerüst über dem Deutschen Bergbau-Museum Bochum

Mit großem Aufwand und unter dem Staunen von vielen Zuschauern wurde 1973 in wochenlanger Arbeit das Fördergerüst der Dortmunder Zeche Germania über dem Deutschen Bergbau-Museum Bochum (DBM) wieder errichtet. Aber es fehlte noch ein entscheidender Bestandteil.

Mit der Errichtung des Fördergerüstes über dem DBM wurde dieses technische Denkmal von der 1971 stillgelegten Schachtanlage Germania in Dortmund-Marten vor der Verschrottung gerettet. Das Doppelbockgerüst war 1943/44 nach dem Entwurf der Architekten Fritz Schupp und Martin Kremer errichtet worden und galt als weltweit größtes Fördergerüst. Seit 1955 war es im vollen Betrieb. Der Architekt Schupp feierte als Ehrengast auf dem Richtfest in Bochum 15. Juni 1973 die gelungene Translozierung mit.

 

Knapp einen Monat später erreichte das Museum ein Brief von Frau Johanna B. Sie hatte sich das Fördergerüst bewundernd angeschaut. Ihre Idee war nun, den „Turm“ als Aussichtsmöglichkeit zu verwenden – erreichbar mit einem Fahrstuhl. Sie glaubte zwar, dass man ihren Vorschlag im Museum als Scherz ansehen würde, da die Kumpel früher mit dem Korb in die Tiefe gefahren seien, aber sie hielt ihren Vorschlag durchaus für überlegenswert.

 

Johanna B. bekam eine gute Woche später Antwort aus dem Museum: Hier hielt man den Vorschlag keineswegs für einen Scherz. Man habe sich schon selbst geraume Zeit mit der gleichen Überlegung getragen. Doch würde sich die Sache erst in den nächsten zwei Jahren verwirklichen lassen. Dies ließ der Museumsmitarbeiter Dr. Werner Kroker, der u. a. für die Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich war, die Dame aus Herne wissen. Er legte dem Brief noch eine Broschüre über das damalige Bergbau-Museum bei.

 

Tatsächlich sollte bis 1975 ein Aufzug, der bis heute sowohl die Besucher in das Anschauungsbergwerk, als auch auf die Seilscheibenbühne, die nun als Aussichtsplattform dient, fährt, fertiggestellt werden. Erst auf diese Weise bekam das Gerüst an seinem neuen Standort auch eine ganz praktische Funktion.

 

Der Brief von Johanna B. und der Durchschlag des Antwortschreibens befinden sich heute noch im „Allgemeinen Schriftwechsel“ des Museums. Dieser wird im Bergbau-Archiv Bochum im Bestand: 112 Deutsches Bergbau-Museum Bochum, Bochum aufbewahrt. Im Rahmen des Forschungsprojektes „montan.dok 21“ wird dieser Bestand aufbereitet und damit wie das Fördergerüst für die Zukunft bewahrt.

 

03. September 2018 (Dr. des. Maria Schäpers)

 


Literatur

Montanhistorisches Dokumentationszentrum (montan.dok) beim Deutschen Bergbau-Museum Bochum/Bergbau-Archiv (BBA) 112/861

 

Kroker, Evelyn (Bearb.): 50 Jahre Deutsches Bergbau-Museum Bochum, Bochum 1981 (= Veröffentlichungen aus dem Deutschen Bergbau-Museum Bochum, Nr. 24).

 

Slotta, Rainer: Das Fördergerüst, in: ders. (Hrsg.): 75 Jahre Deutsches Bergbau-Museum Bochum (1930 bis 2005). Vom Wachsen und Werden eines Museums, Band 2, Bochum 2005 (= Veröffentlichungen aus dem Deutschen Bergbau-Museum Bochum, Nr. 134), S. 499-511.