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Fund des Monats: Pädagogisch wertvoll: Gestaltung eines Schulwandbildes im Deutschen Bergbau-Museum Bochum

Werden sie eigentlich noch in Schulen und Universitäten eingesetzt, jene sperrigen, oft schon muffig riechenden und bisweilen ziemlich ramponierten Wandkarten und Lehrtafeln? Wohl eher selten, können doch mit Hilfe digitaler Medien heute Lehrinhalte viel leichter und umfangreicher vermittelt werden. Dabei steckte oftmals eine Menge fachwissenschaftlicher, pädagogischer und künstlerischer Arbeit hinter diesen Lehrmitteln, wie ein von Mitarbeitern des damaligen Bergbau-Museums Bochum mitgestaltetes Schulwandbild beweist.

Im März 1950 besuchte ein gewisser Dr. Döring von der Vertriebs-Gesellschaft mbH Dr. te Neues & Co., Abteilung Verlag, in Kempen am Niederrhein das damalige Bergbau-Museum Bochum. Dies geht aus den Verwaltungsakten des Museums, die als Bestand 112: Deutsches Bergbau-Museum Bochum, Bochum, im Bergbau-Archiv Bochum verwahrt werden, hervor (vgl. auch im Folgenden: montan.dok/BBA 112/800). Er führte dort ein Lehrbild mit Darstellung eines Steinkohlenbergwerks für den Volksschulunterricht vor. Der damalige Kustos des Museums, Julius Raub, bemerkte in einem Vermerk zu diesem Besuch, dass das Bild „zahllose technische Fehler“ enthielte. Man habe sich daher darauf geeinigt, dass vonseiten des Museums ein neuer Entwurf erstellt werden solle.

 

Es folgte nun eine eingehende Auseinandersetzung mit dem Thema. Neben dem Vertreter des Verlages wurde ein Pädagoge, ein gewisser Rektor Wolf, aus Hiltrop in die Diskussion eingeschaltet. Nicht nur bergbaufachliche, sondern auch pädagogische Expertise war gefragt, um zum einen eine korrekte Darstellung der Arbeiten über und unter Tage und zum anderen ein dem kindlichen Auffassungsvermögen gerecht werdende Ausführung sicherzustellen.

 

Vor allem Kustos Raub war im Museum mit der Gestaltung des Bildes beschäftigt. Der Entwurf ging schließlich an den Kunstmaler Günter Reker aus Bochum. Ausführlich tauschten sich Raub und Museumsdirektor Dr.-Ing. Heinrich Winkelmann mit Döring, der auch in seinem Verlag das dortige pädagogische Personal in die Überlegungen mit einbezog, und Reker über die Gestaltung des Kunstmalers aus. Im Januar 1951 wurde das Bild schließlich durch Reker fertiggestellt.

 

Das größte Feld zeigt ein Steinkohlenbergwerk mit Über- und Untertagebetrieb, wobei auch eine Kokerei sowie die Transportwege zu Wasser und auf der Schiene dargestellt werden. Rechts daneben ist das Detail der Kohleförderung von unter Tage nach über Tage aus der zentralen Darstellung herausgegriffen worden und in vergrößerter Form abgebildet. Mit zwei kleineren Bildern unterhalb der zentralen Darstellung werden der Abbau und Abtransport der Kohle unter Tage genauer beleuchtet.

 

Nun fehlten aber noch die Erläuterungen zu dem Bild. Ein erster Vorschlag zu den Inhalten kam wiederum von dem Verlag Dr. te Neues & Co. selbst. Der Mitarbeiter für Geographie, ein gewisser Dr. Zepp, zeichnete dafür verantwortlich. Anfang März 1951 schrieb Winkelmann Döring, dass im Museum die Erläuterungen fertig seien und bat Döring, ein Foto des Schulwandbildes mitzubringen, auf dem die entsprechenden Hinweiszahlen auf den Text eingezeichnet werden können.

 

Die vonseiten des Museums gegebenen, vorwiegend auf Raub zurückgehenden, „Erläuterungen“ zu dem Schulwandbild beschränken sich nicht auf das im Bild Dargestellte. Sie sind vielmehr eine knappe Abhandlung zum Steinkohlenbergbau insgesamt, wie der Titel „Der Steinkohlenbergbau“ schon vermuten lässt. In sieben Kapiteln werden Entstehung, Abbau und Verwendung der Steinkohle beschrieben; ferner wird auf geschichtliche, soziale und kulturelle Aspekte des Bergbaus hingewiesen. Die Ausführungen zu Ausbildung, Arbeitsalltag und freizeitlicher Beschäftigungen der Bergleute lesen sich dabei wie eine Werbeschrift für den Beruf. Die beiden letzten Kapitel umfassen die eigentliche Bildbeschreibung des Schulwandbildes und eine Erklärung von Fachbegriffen. Dem Text sind mehrere Abbildungen beigegeben.

 

Erneut bedurfte es einiger Verhandlungen, um zu einem einvernehmlichen Ergebnis bezüglich dieser „Erläuterungen“ zu kommen. Am 17. November 1951 schrieb Döring an Winkelmann, dass nun sowohl das Schulwandbild „Steinkohlenbergwerk“ als auch die „Erläuterungen“ erschienen seien. Döring bedankte sich für die gute Zusammenarbeit und befand, „dass nunmehr mit diesem Bilde ein zwar nicht für Bergschulen, so doch für allgemein bildenden [sic!] Schulen besonders brauchbares Lehrmittel geschaffen worden ist“. Er bat in seinem Dankesschreiben, Werbung für das Unterrichtsmaterial bei interessierten Lehrerinnen und Lehrern zu machen. Angeboten wurde das Bild in drei Varianten: roh, also „unaufgezogen“, für 9,50 DM, schulfertig, nämlich auf Papier mit Rand und Ösen, für 12 DM sowie auf Leinwand und mit Stäben für 19 DM.

 

Wie viele Schülerinnen und Schüler dem Wandbild und den zugehörigen Erläuterungen im Unterricht begegnet sind, lässt sich nicht mehr nachvollziehen. Auch nicht, wie viele Schulen über diese Lehrmittel verfügten. Eine Schule, das geht aus dem genannten Schriftverkehr hervor, können wir aber namentlich nennen. Quasi druckfrisch bekam die Katholische Kreuzschule in Dortmund, vertreten durch den dortigen Lehrer Laumer, auf Vermittlung des Bergbau-Museums Bochum von Dr. te Neues & Co. eine kostenlose Lieferung des auf Leinwand gezogenen und mit Stäben versehenen Bildes nebst Erläuterungen.

 

Um die eigene Überlieferung steht es leider nicht gut. Zwar wurden dem Museum Exemplare des Wandbildes zusammen mit den Erläuterungen übersandt, im Eingangsbuch vermerkt (montan.dok/BBA 112/6218) und diese auch inventarisiert (alte Inventarnummer 30/30), jedoch verliert sich nach dem letzten Kontrolleintrag von 1966 auf der entsprechenden Karteikarte die Spur. Erachtete man das für den Volksschulunterricht erarbeitete Werk für die museale Vermittlungsarbeit wenig geeignet? Möglich, zumal dem Museum ja ganz andere Mittel und Wege, wie Modelle und das Anschauungsbergwerk, zur Verfügung standen und stehen, um Aufbau und Arbeit eines Steinkohlenbergwerks zu erläutern.

 

Wenn auch nicht im DBM, so hat sich das Bild in einem anderen Museum, nämlich im Saarländischen Schulmuseum, erhalten. Die Hintergründe und der große Arbeitsaufwand, der hinter der Erstellung des Schulwandbildes standen, lassen sich anhand der schriftlichen Museumsüberlieferung gut nachvollziehen. Diese wird im Rahmen des Projektes „montan.dok 21“ aufgearbeitet. 

 

01. Oktober 2019 (Dr. Maria Schäpers)

 


Literatur

Montanhistorisches Dokumentationszentrum (montan.dok) beim Deutschen Bergbau-Museum Bochum/Bergbau-Archiv Bochum (BBA) 112/800, 112/6218

 

Das Schulwandbild im Schulmuseum Saarland (Inventarnummer 2007SSM1626.2) liegt in digitalisierter Form vor und ist abrufbar unter: http://saarland.digicult-museen.net/objekte/6564; ebenso das Cover der zugehörigen „Erläuterungen“ unter: http://saarland.digicult-museen.net/objekte/7454 (Stand: 01.10.2019).