Dahlhauser Tiefbau. Ein Ölgemälde von Artur Cremer(-Acre)
Seit spätestens der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ging in Bochum-Dahlhausen der Steinkohlenbergbau um. Die kleinen Stollenzechen sahen sich allerdings vor wirtschaftliche Rentabilitätsprobleme gestellt, da im Gebiet der Primussprung, eine wesentliche geologische Störung im Ruhrgebiet, verläuft. Erst die 1857 erfolgte Konsolidation zur Vereinigten Dahlhauser Tiefbau und der ein Jahr später, 1858, beginnende Tiefbau schufen Abhilfe. 1929 erreichte sie mit einer Jahresförderung von 477 172 t ihre Spitzenleistung, die Durchschnittswerte schwankten zwischen 300 000 und 400 000 t jährlich. Die Zeche sollte dann bis zur Fördereinstellung 1965 in Betrieb sein, 1962 hatte man auch versucht, den hydromechanischen Kohlenabbau einzuführen. Im Jahr der Fördereinstellung übernahm das Bergwerk Carl Funke, Essen, die Zeche. Sieben Jahre später, 1972, erfolgte die Stilllegung, die Tagesanlagen wurden abgerissen und die Schächte verfüllt. Heute künden einzelne Relikte von der vergangenen Existenz der Zeche, vor allem aber ein Bergbauwanderweg vor Ort. Die Geschichte des Bergwerks Vereinigte Dahlhauser Tiefbau fügt sich nahtlos in jene des Ruhrgebiets ein, die seit der Kohlenkrise der 1950er-Jahre durch die fortlaufende Schließung von Zechen geprägt ist.
Ein, im wahrsten Sinne des Wortes, Bild machen, wie die Zeche kurz vor ihrer Schließung aussah, kann man sich aktuell in der Sonderausstellung „Doppelbock auf Museum. Das bewegte Fördergerüst“, die das Deutsche Bergbau-Museum Bochum – Leibniz-Forschungsmuseum für Georessourcen bis zum 18. Mai 2025 zeigt. In Form einer so genannten Petersburger Hängung, die darauf zielt, nicht das einzelne Kunstwerk in den Blickpunkt zu rücken, sondern den Betrachtenden durch die ausgestellte Vielzahl in den Bann zu ziehen, wird auch das in den Musealen Sammlungen des Montanhistorischen Dokumentationszentrums (montan.dok) verwahrte Ölgemälde „Dahlhauser Tiefbau“ (montan.dok 033303929001) gezeigt. Das auf Kunststoff gemalte Bild weist die Maße 120 cm Breite und 100 cm Länge sowie die Signatur des Künstlers auf. Sein Name lautet Artur Cremer (1932-2011), ein Bochumer Grafiker und Kunstmaler, der als Künstlernamen Artur Cremer-Acre nutzte. Cremer(-Acre) hatte nach einer Ausbildung zum Reklamemaler an der Folkwang Schule in Essen studiert und war ab 1959 freiberuflich tätig. 1970 nahm er eine Tätigkeit als Maler und Grafiker am damaligen Bergbau-Museum Bochum auf. Sein ausgestelltes Gemälde entstand noch vor der Arbeitsaufnahme am DBM.
Dargestellt sind die Tagesanlagen der Zeche, im Vordergrund ist ein Seitenarm der Ruhr zu sehen. Besondere Beachtung verdient dabei der moderne Förderturm, eine Betonkonstruktion. Er verdient diese, da er das in der Dokumentation des Objekts datierte Entstehungsjahr des Gemäldes, 1957, in Frage stellt, denn der Bau des Förderturms begann frühestens 1959. Insofern scheint der weitere Vermerk der Dokumentation, der Datierungszusatz 1966, der auf einer überlieferten Karteikarte angegeben wurde, treffender zu sein.
Doch war dies nicht der Grund, dieses Gemälde in der Sonderausstellung zu zeigen. Wichtiger war zunächst, dass das Bild von einem ehemaligen Mitarbeiter des DBM gemalt wurde. Zentral hingegen, dass der moderne Förderturm, errichtet über dem alten Fördergerüst, wie im Bild gut zu erkennen, von niemand anderem als Fritz Schupp (1896-1974) entworfen worden war. Schupp und sein Büropartner Martin Kremmer (1895-1945) zählen zu den wichtigsten deutschen Industriearchitekten des 20. Jahrhunderts. Zu ihren bekanntesten Arbeiten zählen sicherlich die heute als UNESCO-Welterbe ausgezeichneten Komplexe Zeche Zollverein in Essen und die Tagesanlagen des Rammelsbergs in Goslar. Mit dem DBM verbindet die beiden eine ganz besondere Beziehung. Zum einen bewahrt das Bergbau-Archiv Bochum ihren Nachlass (montan.dok/BBA 223), zum anderen entwarf Schupp nicht nur den zentralen Baukörper des Hauses, dessen Bau 1935 begann, sondern auch den heute über dem DBM thronenden Doppelbock, dessen Sanierung Anlass der Sonderausstellung war.
Möglicherweise diente das Ölgemälde von Cremer(-Acre) auch als Vorlage für das 1978 entstandene Bild „Vereinigte Dahlhauser Tiefbau“ (montan.dok 037000796001). Die Ähnlichkeiten zwischen den beiden Gemälden sind augenscheinlich, gleichwohl soll das letztgenannte nach einer historischen Fotografie entstanden sein, eine Zuschreibung, die weiterer Klärung bedarf.
01. Oktober 2024 (Dr. Torsten Meyer)
- Literatur
Montanhistorisches Dokumentationszentrum des Deutschen Bergbau-Museums Bochum (montan.dok) 033303929001, 037000796001.
Bergmannstisch Bochum-Süd e.V.: Bergbauhistorischer Lehrpfad in Dahlhausen. Tafel 38 ehem. Zeche Ver. Dahlhauser Tiefbau. Unter: https://www.bergmannstisch-bo-sued.de/lehrpfad.html (Eingesehen: 10.09.2024).
Farrenkopf. Michael: Wiederaufstieg und Niedergang des Bergbaus in der Bundesrepublik Deutschland, in: Ziegler, Dieter (Hrsg.): Rohstoffgewinnung im Strukturwandel. Der deutsche Bergbau im 20. Jahrhundert, Münster 2013 (= Geschichte des deutschen Bergbaus, Bd. 4), S. 183-302.
Gebhardt, Gerhard: Ruhrbergbau. Geschichte, Aufbau und Verflechtung seiner Gesellschaften und Organisationen, Essen 1957.
Hermann, Wilhelm/Stoffels, Josef: Die Steinkohlenzechen: Ruhr, Aachen, Niedersachsen – Das Gesicht der Übertageanlagen in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts, Essen 1959.
Huske, Joachim: Die Steinkohlenzechen im Ruhrrevier. Daten und Fakten von den Anfängen bis 1997, Bochum 1998.
Pegels-Hellwig, Kristina: Bauten für die Industrie. Der zeichnerische Nachlass der Architekten Fritz Schupp und Martin Kremmer 1921-1971, Bochum 2012 (= Das architektonische Werk der Architekten Fritz Schupp und Martin Kremmer, hrsg. v. Wilhelm Busch/Michael Farrenkopf/Rainer Slotta, Bd. 3; zugleich: Veröffentlichungen aus dem Deutschen Bergbau-Museum Bochum, Nr. 185; = Schriften des Bergbau-Archivs, Nr. 24).
Rescher, Norbert: Zeche Dahlhauser Tiefbau in Bochum-Dahlhausen 1858 – 1965. Unter: https://www.ruhrzechenaus.de/bochum/bo-dahlhauser-tiefbau.html (Eingesehen: 10.09.2024).
Trommen, Achim: Ver. Dahlhauser Tiefbau. Unter: http://www.foerdergerueste.de/dahlhauser_tiefbau.htm (Eingesehen: 10.09.2024).
Online Portale: montan.dok. Unter: https://www.montandok.de/objekt_start.fau?prj=montandok&dm=Montanhistorisches%20Dokumentationszentrum&ref=68660 und museum.digital. Unter: https://nat.museum-digital.de/object/1068601; montan.dok. Unter: https://www.montandok.de/objekt_start.fau?prj=montandok&dm=Montanhistorisches%20Dokumentationszentrum&ref=290072 und museum.digital. Unter: https://nat.museum-digital.de/object/1354392 (Eingesehen: 26.09.2024).