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Bewahrung eines technischen Denkmals in Form eines Modells

In der Dauerausstellung des Deutschen Bergbau-Museums Bochum (DBM) ist ein Modell der 1799 in Betrieb gesetzten Feuermaschine der Saline Königsborn in Unna (montan.dok 030390123000) im Rundgang „Steinkohle. Motor der Industrialisierung“ zu sehen. Es soll die Besucherinnen und Besucher vor allem auf den frühen Einsatz von Steinkohle in verschiedenen Gewerben seit dem ausgehenden Mittelalter hinweisen. Als das Modell 1949 in das damalige Bergbau-Museum Bochum kam, stand noch ein ganz anderer Gedanke dahinter.

Der seinerzeitige Direktor des Museums, Dr.-Ing. Heinrich Winkelmann, hatte sich mit Bergwerksdirektor Siegfried Maiweg von der Klöckner-Werke AG, Abteilung Bergbau, in deren Besitz sich die Feuermaschine befand, 1948 darauf geeinigt, ein Modell von ihr zu bauen (vgl. auch im Folgenden montan.dok/BBA 112/1802). Aufgrund der starken Korrosion war die im Jahr 1932 stillgelegte Dampfmaschine im April 1947 vollständig zusammengebrochen. Auch das Betriebsgebäude war zerstört. Daher bestand der Wunsch, die Maschine der Nachwelt wenigstens in Form eines Modells zu erhalten.

 

Sehr viel Arbeit wurde in den Bau des Modells gesteckt. Der Anspruch war hoch: „Wir sind uns darüber klar, dass bei einem solch wichtigen Kulturdenkmal nur ganz einwandfreie Nachbildungen möglich sind, und der Zweck verfehlt ist, wenn nicht jede Kleinigkeit an dem Modell durch entsprechende Unterlagen belegt werden kann.“ So bemerkte Winkelmann in seinem Schreiben vom 06. Oktober 1949 an Siegfried Weiher. Dieser plante einen Artikel über die Dampfmaschine für die VDI-Nachrichten, der Zeitschrift des Vereins Deutscher Ingenieure. Leichter gesagt als getan, denn es mangelte an aussagekräftigen Unterlagen, die eine einwandfreie Rekonstruktion ermöglichten. Dass es dennoch gelang, war dem glücklichen Umstand geschuldet, dass noch detaillierte Pläne einer baugleichen Feuermaschine aus Hettstedt aufgefunden wurden. Die Ausführung wurde von den Modellwerkstätten Alfred Dirksen in Wesseling übernommen. Die Ausgestaltung erfolgte in der Bildhauerwerkstatt des Bergbau-Museums Bochum. Die nicht unerheblichen Kosten für den Bau beglichen die Klöckner-Werke AG.

 

Was war das Besondere an dieser Feuermaschine? Als älteste Feuermaschine Westdeutschlands hatte sie seit 1799 auf der Saline Königsborn bis zu ihrer Stilllegung 133 Jahre lang zuverlässig ihren Dienst verrichtet. Über einem Solebohrloch gebaut, diente sie zunächst zur Solegewinnung. Nach dem Versiegen dieses Bohrloches wurde sie bis 1932 als Antrieb der Pumpen für das Gradierwerk genutzt.

 

Der Wert dieses „Kulturdenkmales“, wie Winkelmann die Dampfmaschine nannte, war schon früh gewürdigt worden. Schon bei ihrer Inbetriebnahme war die Bewunderung groß gewesen. Über hundert Jahre später hatte das Deutsche Museum von Meisterwerken der Naturwissenschaft und Technik in München den Wunsch geäußert, die Maschine nach ihrer endgültigen Außerdienststellung nach München zu translozieren. Das aber entsprach nicht den Vorstellungen der Verantwortlichen der Saline Königsborn. Hier war man der Auffassung, dass die Maschine mit dem charakteristischen Gebäude und mit dem Gradierwerk im Hintergrund vor Ort erhalten bleiben müsse. Über das frühe Bemühen um das technische Denkmal vonseiten des Deutschen Museums erfahren wir aus dem Schriftwechsel zwischen dem Vorgesetzten Winkelmanns, Prof. Dr. Friedrich Herbst, mit der Klöckner-Werke AG im Jahr 1933.

 

Grund für besagten Austausch war die Befürchtung von Winkelmann und Herbst, dass die Feuermaschine nach ihrer Stilllegung 1932 verschrottet werden könnte. Darauf hatte Steiger Wilhelm Middelmann aus Dortmund-Schüren Winkelmann in einem Schreiben hingewiesen und die Idee vorgebracht, die Maschine nach Bochum zu bringen. Die finanziellen Belastungen einer solchen Unternehmung und die der weiteren Unterhaltung, so errechnete Winkelmann, wären für das noch im Aufbau befindliche Museum schlicht nicht zu leisten gewesen.

 

Die Klöckner-Werke AG beruhigten Herbst und Winkelmann mit dem Plan, die Maschine am Standort zu erhalten. Begrüßt wurde der Vorschlag Herbsts, den Provinzialkonservator und den Verein Deutscher Ingenieure für den Erhalt zu gewinnen. Von allen Seiten fand der Plan Zustimmung, und die Maschine wurde unter Denkmalschutz gestellt. Doch gelang es letztlich nicht, vor allem unter den schwierigen Bedingungen während des Zweiten Weltkrieges und der Nachkriegszeit, den Verfall der Feuermaschine aufzuhalten.

 

Umso verständlicher ist, dass der Wunsch vonseiten des Bergbau-Museums Bochum bestand, ein Modell der Maschine für die Nachwelt zu schaffen. Aber was stellt dieses Modell eigentlich dar? Während der 133 Jahre ihres Betriebes waren nicht nur immer wieder Teile der Maschine ausgewechselt worden, sie wurde auch umgebaut. Winkelmann fasste dazu gegenüber dem Landeskonservator von Westfalen, Wilhelm Rave, am 21. Oktober 1949 das Folgende zusammen: „Die Dampfkessel sind vollkommen erneuert, der hölzerne Schwingbaum (Balancier) wurde durch einen eisernen ersetzt, die Steuerung ist vollkommen anders und auch die Steuerorgane sind von Grund auf geändert, so dass die Maschine, wie sie vor 15 Jahren in Unna stand, eigentlich eine Summe von Teilen verschiedener Zeiten darstellte, wobei vom Original vielleicht der Zylinder noch vorhanden ist.“ Für das Modell wurde entschieden, die ursprüngliche Form von 1799 zu zeigen, ohne die Modernisierungen und Umbauten zu berücksichtigen.

 

Rave hielt es dennoch für notwendig, die Teile, die nach dem Einsturz der Maschine übriggeblieben waren, ebenfalls zu erhalten. Winkelmann schrieb im genannten Brief, dass er sie gerne in das Bergbau-Museum Bochum übernehmen wolle. Zudem sei das Museum bestrebt, „in einem Archiv alle Unterlagen und alles Wesentliche über die Maschine festzuhalten“. Tatsächlich bekam das Museum 1950 noch einige Maschinenteile geliefert, nämlich den Dampfzylinder und die Steuerung der Feuermaschine und weiteres Zubehör (montan.dok 030390150000). Die Steuerung ist heute Teil einer Nachbildung der Feuermaschine, die ebenfalls in der Dauerausstellung zu sehen ist. Zudem sind in der Bibliothek, der Fotothek und den Musealen Sammlungen des DBM sowie dem Bergbau-Archiv Bochum, die alle im Montanhistorischen Dokumentationszentrum zusammengefasst sind, mehrere Dokumente und Objekte zu der Feuermaschine bzw. der Saline Unna-Königsborn vorhanden.

 

Die hier präsentierte schriftliche Überlieferung zu dem Modell der Feuermaschine der Saline Königsborn in Unna ist Bestandteil des Archivbestandes montan.dok/BBA 112: Deutsches Bergbau-Museum Bochum, Bochum, der im Bergbau-Archiv Bochum verwahrt wird. Dieser wird im Rahmen des Projektes „montan.dok 21“ aufgearbeitet. Anhand der Unterlagen wird der Zweck, den das damalige Bergbau-Museum Bochum mit dem Modell zunächst verfolgte, deutlich: die Darstellung der Feuermaschine in ihrem ursprünglichen Aussehen von 1799 und damit die Bewahrung des technischen Denkmals wenigstens in dieser Form. 

 

07. Januar 2020 (Dr. Maria Schäpers)

 


Literatur

Montanhistorisches Dokumentationszentrum (montan.dok) beim Deutschen Bergbau-Museum Bochum 030390123000 und 030390150000

 

Montanhistorisches Dokumentationszentrum (montan.dok) beim Deutschen Bergbau-Museum Bochum/Bergbau Archiv Bochum (BBA) 112/1802

 

Fessner, Michael: Steinkohle und Salz. Der lange Weg zum industriellen Ruhrrevier, Bochum 1998 (= Veröffentlichungen aus dem Deutschen Bergbau-Museum, Nr. 73).

 

Grevel, Wilhem: Die Geschichte der Saline und des Solbades Königsborn, Unna 1954.

 

Przigoda, Stefan: Wasser, in: Brüggemeier, Franz-Josef/Farrenkopf, Michael/Grütter, Heinrich Theodor (Hrsg.): Zeitalter der Kohle. Eine europäische Geschichte. Katalogbuch zur Ausstellung des Ruhr Museums und des Deutschen Bergbau-Museums auf der Kokerei Zollverein 27. April bis 11. November 2018, Essen 2018, S. 87-95.

 

Timm, Willy: Von den Brockhauser Salzwerken zur Saline Königsborn. Ein Kapitel märkischer Wirtschaftsgeschichte, Hagen 1978 (= Hagener Hefte. Beiträge zur Geschichte der Stadt Hagen und Grafschaft Mark. Veröffentlichungen aus dem Stadtarchiv Hagen, Nr. 7).