Direkt zum Inhalt

Der Schwanzhund: Eine besondere Stiftung für das damalige Bergbau-Museum Bochum

Noch heute ist nicht endgültig geklärt, woher der Begriff Hund bzw. Hunt oder Hunte für ein Gefäß mit zwei Räderpaaren ungleicher Größe stammt. Die Bezeichnung für das seit dem 16. Jahrhundert im Bergbau belegte Fördermittel könnte auf das slowakische Wort hyntow für Wagen zurückgehen oder ist doch einfach mit dem Tier selbst in Verbindung zu bringen.

Die Hoffnung auf einen „Schwanzhund“ hatte ein Schreiben im April 1943 an Winkelmann genährt (vgl. auch im Folgenden montan.dok/BBA 112/953). Dr. Robert Schnetzer, Mitglied des Naturwissenschaftlichen Vereins für Schwaben und Neuburg e. V. und für die Zweigstelle der Reichsstelle für Bodenforschung in München tätig, hatte schon einige Jahre regen Kontakt zu Winkelmann. Er schrieb nun dem Museumsdirektor von einer Urlaubsreise nach Werfen (in der Region Salzburg). Er beschrieb Winkelmann den dortigen Erzbergbau im Gebiet Schäferötz und die Verhüttung des Erzes im Eisenwerk Konkordiahütte in Sulzau-Werfen. In einem Gespräch mit dem Bergbaubetriebsleiter Wurzer hätte er erfahren, dass dort im Bergbau noch bis vor kurzem ein „ungarischer Schwanzhund“ als Fördermittel zum Einsatz gekommen sei. Er empfahl Winkelmann, falls er an einem Exemplar Interesse hätte, sich umgehend mit Wurzer in Verbindung zu setzen.

 

Tatsächlich schrieb Winkelmann sofort an Wurzer mit der Bitte, dem Museum den „ungarischen Schwanzhund“ für die Ausstellung zur Verfügung zu stellen. Sein Wunsch wurde erfüllt. Allerdings sollte sich die Zustellung noch um mehrere Monate verzögern, da das Objekt als „nicht kriegswichtig“ eingestuft zunächst noch einer Frachtsperre unterlag. Am 13. Dezember 1943 verließ der „Schwanzhund“ endlich den Bahnhof Konkordiahütte und erreichte bald danach sein Ziel in Bochum.

 

Aber wirklich freuen konnte sich Winkelmann über die Stiftung aus dem österreichischen Erzbergbau nicht: „Der Hund ist inzwischen bei uns eingegangen […]. Beim Betrachten des Hundes fällt uns auf, daß es sich um einen Kastenhund handelt […].“ Daher bat Winkelmann Wurzer dringend um Aufklärung. Sicherheitshalber erläuterte er auch noch genau, was man in Bochum unter einem „Schwanzhund“ verstand: „Ein Fördergefäß […], welches nach hinten ein verlängertes Brett oder eine verlängerte Bohle hat, auf dem man beim Bremsen steht.“ Wurzer schrieb dem enttäuschten Museumsdirektor, dass er durchaus einen „Schwanzhund“ bekommen habe. Denn die dortigen Bergleute hätten das Fördermittel, das noch bis 1938 in Gebrauch war, als „Schwanzhund“ bezeichnet. In seinem Antwortbrief erklärte Wurzer noch, dass er eine wie die von Winkelmann beschriebene Bremsvorrichtung in Form eines durchgehenden Pfostens oder Kantholzes nicht kenne. Ihm sei lediglich der so genannte ungarische Hund bestehend aus einem Holzkasten, der sich nach oben verengte und unter dem an einem durchgehenden Kantholz zwei ungleich große Räderpaare angebracht waren, noch 1926 beim Antimonbergbau in Stadtschlaining begegnet.

 

Weshalb die Bergleute in Salzburg ihren Förderwagen „(ungarischen) Schwanzhund“ tauften, klärte Wurzer nicht. Für sie war das von Winkelmann als „Kastenhund“ oder in der späteren Ausstellungbeschriftung als „Kopfkipper mit ungleichen Rädern“ bezeichnete Fördermittel jedenfalls ein solcher. Er ist auch heute noch neben vielen anderen Fördermitteln Teil der Musealen Sammlungen des Deutschen Bergbau-Museums Bochum und erinnert an den Erzbergbau im Raum Schäferötz, der im Jahr 1961 endgültig eingestellt wurde. Der genaue Zusammenhang der Stiftung und die Bezeichnung des Hundes wird aus dem Verwaltungsschriftgut des DBM, das im Bergbau-Archiv Bochum im Bestand 112: Deutsches Bergbau-Museum Bochum, Bochum, verwahrt wird, ersichtlich. Im Rahmen des Projektes „montan.dok 21“ wird dieser aufgearbeitet und so zukünftig nicht nur für die interne, sondern auch für eine externe Objektforschung zur Verfügung stehen.

 

06. November 2018 (Dr. Maria Schäpers)

 


Literatur

Montanhistorisches Dokumentationszentrum (montan.dok) beim Deutschen Bergbau-Museum Bochum/Bergbau-Archiv Bochum (BBA) 112/953

 

Montanhistorisches Dokumentationszentrum (montan.dok) beim Deutschen Bergbau-Museum Bochum 030009089000

 

Falk, Beate: Der Hunt bzw. die Hunte im Bergbau – eine neue Namensdeutung, in: Der Anschnitt 70, 2018, Heft 1-2, S. 36-40.

 

Gruber, Fritz/Ludwig, Karl-Heinz: Salzburger Bergbaugeschichte. Ein Überblick, Salzburg/München 1982.

 

Winkelmann, Heinrich: Aus der Geschichte des Förderwagens, in: Bergbau. Zeitschrift des Ringes ehemaliger Bergschüler e. V. 3, 1952, Heft 6, S. 71-77.