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Fund des Monats: Das Formular im Bergbau

Formulare sind aus dem Alltag kaum wegzudenken. Sie sorgen für den effizienten Ablauf verschiedenster Vorgänge. Allen Formularen ist gemein, dass Informationen in standardisierter Weise ausgetauscht werden. Im Bergbau spielt diese Form der Schriftlichkeit ebenfalls eine Rolle. Vom Gutscheinformular für einen halben Liter Vollmilch bis zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses demonstrieren Beispiele aus dem Bergbau-Archiv Bochum beim Montanhistorischen Dokumentationszentrum die Vielseitigkeit eines aufgrund seiner Allgegenwart wenig beachteten Dokumenttyps.

Als Wirtschaftsunternehmen müssen Bergbaugesellschaften flexibel auf Veränderungen reagieren und ihr Vorgehen entsprechend anpassen. Dabei sind mündliche Absprachen von großer Wichtigkeit, weil sie zur schnellen Klärung unvorhergesehener Sachverhalte beitragen können. Dennoch finden sich natürlich auch in der historischen Überlieferung des Bergbaus viele Formulare, die Aufschluss darüber geben, welche Prozesse in standardisierter Weise erfasst wurden. Die folgenden Beispiele aus den 1950er- bis 1960er-Jahren geben einen Eindruck von verbreiteten und teilweise kuriosen Formularen aus einer Zeit, als das papierlose Büro noch in weiter Ferne lag. 

 

Entschuldigung

 

Es ist der Klassiker unter den Formularen und schon als Schulkind kommt man mit ihm in Berührung. Ohne das Entschuldigungsschreiben wird das Fernbleiben von der Schule als „Schwänzen“ bezeichnet und kann ernste Konsequenzen für Schülerinnen und Schüler haben. Im Formular der Niederrheinischen Bergschule müssen Name, Datum, Lehrgang, Datum des Fehlens oder der Verspätung sowie natürlich der Grund für das Fernbleiben eingetragen werden. Die Billigung durch den Lehrkörper mit „einverstanden“ sieht das Formular lediglich in Ausnahmefällen vor, und eine Kenntnisnahme durch den Klassenlehrer kann ebenso verfügt werden wie die Aufnahme des Schreibens in die Schülerakte. Auch die Entschuldigung endet selbstverständlich mit dem Bergmannsgruß.

 

Instandsetzung von Dienstschuhen

 

Ein weiteres Blankoformular aus dem Bergbau-Archiv Bochum lässt sich als Beispiel für die zunehmende Verbreitung standardisierter Arbeitsprozesse im Bergbau heranziehen. Die zweifellos wichtige und sicherheitsrelevante Instandhaltung von Dienstschuhen auf dem Bergwerk Zollverein wurde mit einem eigenen Formular bedacht, das in doppelter Ausführung zusammen mit den Schuhen im Magazin eingereicht werden musste.

 

Gutscheinformular für einen halben Liter Vollmilch

 

Ähnlich durchorganisiert war auch die Ausgabe von Milch auf der Essener Zeche. Hier mussten der Name des Empfängers, das Datum der Ausgabe und der verantwortliche Betriebsführer vermerkt werden.

 

Lösung des Arbeitsverhältnisses

 

Auch für die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses wegen unentschuldigten Fehlens gab es ein passendes Formular, das vom Betriebsführer ausgestellt werden musste. Ein weiteres Formular führt als Gründe für das Ausscheiden neben Invalidität, Umschulung oder Grundwehrdienst auch wiederholtes willkürliches Feiern, Vertragsbruch, Diebstahl, Tätlichkeiten, Beleidigung beziehungsweise Inhaftierung auf.

 

Mit den Vordrucken werden Dokumente thematisiert, die man im Alltag möglichst schnell ausfüllen und wieder loswerden möchte. In historischer Perspektive können sie dennoch Interesse auf sich ziehen. Unter der Kategorie „Fund des Monats“ sind sie neben dem Artikel „Die Liste als Schlüssel zur Erinnerung“ ein weiteres Beispiel für neue Blickwinkel auf vermeintlich trockene Unterlagen, die im Rahmen des Projekts „montan.dok 21“ vorgestellt werden.

 

01. Februar 2020 (Jens Brokfeld, M.A.)

 


Literatur

Montanhistorisches Dokumentationszentrum (montan.dok) beim Deutschen Bergbau-Museum Bochum/Bergbau-Archiv Bochum (BBA) 115/10 und 44/209