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Es waren einmal… die Werbegeschichten der Union-Briketts

Mit Ökostrom betriebene Haushaltsgeräte und durch Wärmepumpen oder Pellets gespeiste Heizungsanlagen gehören für uns heute zum Alltag. Da scheint es kaum noch vorstellbar, dass es Zeiten gab, in denen in zahlreichen Haushalten in Deutschland Braunkohlenbriketts zum Heizen, Kochen und Waschen verfeuert wurden.

Oft waren es Union-Briketts, die in Ofen, Herd und Heizkessel für Energie sorgten. Unter der Einheitsmarke „Union“ wurden seit dem 01. April 1904 die Briketts der Mitglieder der Braunkohlen-Brikett-Verkaufsverein GmbH vertrieben. Die Gründung des Kartells hatte zum Ziel, den zuvor herrschenden Konkurrenzkampf unter den Erzeugern zu beenden. Der Überproduktion und dem damit einhergehenden Verkauf zu Preisen unterhalb der Selbstkosten sollten dadurch ein Ende gesetzt werden. Neben der Beschränkung der Absatzmenge und Preisfestlegungen wurden mit „Union“ die bisherigen Brikettmarken der einzelnen Fabriken durch einen einheitlichen Artikel abgelöst.

 

Von Anfang an wurde Wert auf die Bewerbung der Marke gelegt. Die Reklame oblag allein dem Verkaufsverein. Den einzelnen Mitgliedern war jede selbstständige Werbetätigkeit untersagt. Dabei waren in der Anfangszeit eine Beteiligung an der Werbung von Ofenfirmen und eine Bereitstellung als besonders geeignet geltender Öfen an Kunden eine Reklamestrategie. Dazu gehörte auch eine Unterweisung der Kundschaft in der richtigen Handhabung der Briketts. Präsenz auf Messen und Fachausstellungen waren ebenfalls Teil des frühen „Werbetrommelrührens“.

 

In der Folgezeit kamen Anzeigen, die die Vorzüge der Briketts lobten, in Zeitungen hinzu. Aber auch die Verteilung von Metallschildern, die zur Benutzung von Union-Briketts aufriefen, war ein beliebtes Werbemittel. Darüber hinaus wurde auf bewegte Bilder gesetzt: „Vorführung von lehrhaften Filmen, die gesamte Brikettproduktion und -Konsumtion [sic!] betreffend, ferner die Aufführung guter Filme humoristischen Charakters, in denen das Brikett als Retter aus der Not bei allen möglichen Heizungsunannehmlichkeiten erscheint […]“ (Nachroth: Absatzorganisation, S. 33) waren Teil der Werbekampagne.

 

Einer dieser Filme ist der Trickfilm von Curt Schumann mit dem Titel „Heinzelmännchen von heute“. Der 1923 produzierte Film ist heute verschollen. Jedoch gibt es eine Werbebroschüre für Union-Briketts mit dem gleichen Titel. Diese Werbung dürfte später als der Film, wohl in die Mitte der 1930er-Jahre, zu datieren sein. In dem bunten Heft wird das bekannte Kölner Märchen um die Heinzelmännchen, die für faule Handwerker in der Nacht die Arbeit erledigen, auf Haushaltsarbeiten umgemünzt (vgl. auch im Folgenden montan.dok/BBA W 697). Die Heinzelmännchen erledigen alle Arbeiten, die für die Hausfrau anfallen. Stets verwenden sie dabei Union-Briketts. Kochen, Backen, Heizen, Warmwasserbereitung und Wäschekochen wird alles mit nur wenigen Union-Briketts ermöglicht, so lautet die werbende Botschaft. Die Hausfrau ist, wie in der ursprünglichen Erzählung die Schneiderin, neugierig, wer da so hilfreich wirkt. Auch ihre Neugier wird bestraft. Die Heinzelmännchen ergreifen die Flucht, als die Frau sie zu stellen versucht. Sie hinterlassen aber im Falle der vorliegenden Geschichte immerhin einen Korb voller Union-Briketts. Damit ist das Geheimnis der Helferlein gelüftet: „Briketts, die brennen rasch und heizen gut/Und halten stundenlang die Glut./Da war mit eins sehr froh die Frau,/Denn nun sie wußte ganz genau:/‚Du darfst nur noch Union-Briketts bestellen,/Weil die vorzüglich sind für alle Feuerstellen.‛“

 

Die Werbebroschüre ist Teil der archivischen Spezialsammlung W: Werbemittel im Bergbau-Archiv Bochum. Neben diesem Heft finden sich hier noch eine ganze Reihe von weiteren Werbeerzeugnissen rund um die Union-Briketts (montan.dok/BBA W 681-718). Ein Märchen um kleine Feuergeister in Union-Briketts (montan.dok/BBA W 699) oder ein Spielplan für ein Würfelspiel, das die Spielenden in einem „Wettlauf mit ‚Union-Briketts‛ durch ‚schöne deutsche Gaue führt‛“ (montan.dok/BBA W 708) wären beispielsweise zu nennen. Neben dieser Werbung für den Gebrauch von Union-Briketts im Hausbrand wird die Verwendung in der Industrie (montan.dok/BBA W 696) oder in der Landwirtschaft, hier speziell zur Bekämpfung von Schadensfrösten in Weinbergen (montan.dok/BBA 702 und 705-707), beworben. Außer diesen Druckerzeugnissen finden sich die schon oben erwähnten Werbeschilder für Union-Briketts (montan.dok 030002676000 und 030002574000) und andere Objekte rund um die Marke „Union“, wie ein Aschenbecher, der den Werbeslogan „Heizt Union Briketts“ (montan.dok 030004376000) trägt, in den Musealen Sammlungen des Montanhistorischen Dokumentationszentrums beim Deutschen Bergbau-Museum Bochum.

 

Die Zeugnisse geben Einblick in die umfangreichen Werbetätigkeiten und -strategien bei der Vermarktung der Briketts. Eine der Werbestrategien war offenkundig die Ansprache von Kindern, eine auch in anderen Branchen geübte Taktik. Das profane Produkt rückt in das Interesse der Kinder, die es aufgrund der Werbung mit heiteren Geschichten und spannendem Spiel verbinden. Über die Kinder sollten so die tatsächlichen Konsumenten der Ware erreicht werden.

 

Heute sind die Braunkohlenbriketts fast gänzlich aus den deutschen Haushalten verschwunden. Die Werbeerzeugnisse, die in den unterschiedlichen Bereichen des Montanhistorischen Dokumentationszentrums bewahrt werden, erinnern an die einst vielfältige Verwendung in Haushalt und Industrie. Zudem ist in der Dauerausstellung des Deutschen Bergbau-Museums Bochum noch ein wichtiges Objekt in diesem Zusammenhang zu sehen: eine Brikettpresse, mit der einst Union-Briketts hergestellt wurden (montan.dok 030001749001).

 

01. August 2020 (Dr. Maria Schäpers)

 


Literatur

Montanhistorisches Dokumentationszentrum (montan.dok) beim Deutschen Bergbau-Museum Bochum 030002676000, 0300025740000, 030004376000, 30001749001

 

Montanhistorisches Dokumentationszentrum (montan.dok) beim Deutschen Bergbau-Museum Bochum/Bergbau-Archiv Bochum (BBA) W 681-718

 

Dohm, R.: Das Rheinische Braunkohlensyndikat, in: Braunkohle. Zeitschrift für Gewinnung und Verwertung der Braunkohle 8, 1910, Nr. 42, S. 693-697.

 

Kellner, Joachim/Lippert, Werner (Hrsg.): Werbefiguren. Geschöpfe der Warenwelt. Katalog zu der Ausstellung „Werbefiguren - Geschöpfe der Warenwelt“, Deutsches Werbemuseum e. V., Farnkfurt/Main, Galleria der Frankfurter Messe, 23. bis 26. Oktober 1991, Berlin 1991.

 

Kleinebeckel, Arno (Bearb.)/Rheinische Braunkohlenwerke Aktiengesellschaft (Hrsg.): Unternehmen Braunkohle. Geschichte eines Rohstoffs, eines Reviers, einer Industrie im Rheinland, Köln 1986.

 

Nachrodt, Otto: Die Absatzorganisation des rheinischen Braunkohlenbergbaues, Gummersbach 1927.

 

Reinhardt, Dirk: Von der Reklame zum Marketing. Geschichte der Wirtschaftswerbung in Deutschland, Berlin 1993.