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Fund des Monats: Kuriose Produktnamen aus der Welt der Bergbautechnik

Die Spezialsammlung Firmenprospekte im Montanhistorischen Dokumentationszentrum (montan.dok) ist eine Fundgrube für Daten und Abbildungen zur Bergbautechnik. Daneben lässt sich hier ein Stück Werbegeschichte nachvollziehen. Mit Produktnamen vom Reinigungsmittel „Aggressol“ bis zur Siebanlage „Halden-Vibrator“ sind nicht nur Kuriositäten anzutreffen, sondern für Kenner der Materie ebenso wie für Neulinge viele Entdeckungen zu machen.

„Was ist ein Name?“ lässt William Shakespeare Julia ausrufen, denn „was uns Rose heißt,

wie es auch hieße, würde lieblich duften“ und legt damit den Schluss nahe, dass der Name keinen Einfluss auf das tatsächliche Sein der Dinge hat. Wie auch immer man in der Bergbauzulieferindustrie zu dieser philosophischen Frage gestanden haben mag, so gehen die Produktbezeichnungen bisweilen doch über die nüchterne Nennung einer Typennummer hinaus. Die Maschinen sollten natürlich durch ihre Leistung überzeugen, aber auch bei der Namensgebung wurde man kreativ. Zwar beschränkte sich der Erfindungsreichtum in den meisten Fällen auf recht naheliegende Assoziationen zu Funktion und Eigenschaften des Produkts. Die Benennungen haben aber trotzdem ihren Charme und wirken mitunter kurios.

 

Die Produktnamen lassen sich verschiedenen Kategorien zuordnen. Einen Großteil der in den Prospekten auftretenden Namen machen die eher nüchternen Typennummern aus. Hier findet man Kombinationen aus Buchstaben und Zahlen, wobei die Buchstaben mitunter eine Abkürzung des Firmennamens darstellen oder in anderer Weise aufgelöst werden können. Eine weitere Gruppe stellen die Tiernamen dar. Hier wird das Aussehen oder die Funktion einer Maschine mit einem Tier verglichen. Ebenso finden sich Anleihen an die Sagenwelt des Bergbaus und bisweilen an die griechische Mythologie. Die Verwendung fremdsprachiger Ausdrücke lässt sich ebenfalls in der Werbung der Bergbauzulieferer entdecken. Die Superlative dürfen bei den Produktnamen natürlich auch nicht fehlen.

 

Tiernamen

  • Teilschnittmaschine „Nashorn“
  • Fräs-Lader „Westfaliafuchs“, „Wühlmaus“, „Dachs“,
  • Raupenbohrwagen „Groundhog“ (Murmeltier)
  • Drahtseil „Python“
  • Hydraulik-Winde „Büffel“

Sagenwelt und griechische Mythologie

  • Pumpe „Sumpfhexe“
  • Betonbohrmaschine „Pixie“
  • Abbaulokomotive „Troll“
  • Schrämmaschine „Schrämzwerg“
  • Schienenbefestigung „Herkules“
  • Grubenstempel „Atlas“

Superlative

  • Continuous Miner „Super Roc-Miner“
  • Kohlenhobel „Megahobel“

Wortneuschöpfungen

  • Sprengpulver „Rackarock“
  • Förderbandanlage „KA-RI-WELL“ und Förderbandrollen „KA-RI-ROLL“ der Firma „KA-RI-FIX“
  • Baumwollgewebe „Strongotex“
  • Reinigungsmittel „Aggressol“
  • Spiralschlauch „Flexadux“
  • Grubenfunkgerät „Montavox“
  • Isolationsmaterial „Styroflex“

Produktnamen mit direkter Beschreibung von Funktionen und Eigenschaften der Produkte

  • Staubschutzmaske „Lungenrein“
  • Grafitschmiermittel „Oelgraf“
  • Fallriegel „Stopp!“ für Förderwagen
  • Pressluftmesser „Exakt“
  • Stahlband-Schlauchschelle „Fixdicht“
  • Stapelreparaturstempel „Fix“
  • Schildausbau „Troika“

 

Dass die von den Herstellern eingeführten Produktnamen und Maschinenbezeichnungen nicht immer Eingang in die Alltagssprache fanden und an die Sprachvielfalt unter Tage angepasst wurden, zeigt eine schöne Anekdote aus dem Projekt „Digitaler Gedächtnisspeicher: Menschen im Bergbau“. In der Erinnerung eines Interviewpartners wurde die Teilschnittmaschine des Typs Continuous Miner unter den Bergleuten kurzerhand als „Conny Meier“ bezeichnet.

 

Die Werbeprospekte gehören zu der „Sammlung Firmenprospekte“, die Produktblätter, Kataloge, Handbücher und Gebrauchsanweisungen von ca. 2000 Unternehmen der Bergbauzulieferindustrie enthält. Ihre Erschließung im Rahmen des Projekts montan.dok 21 ermöglicht sowohl eine gezielte Auswertung der Publikationen in ihrer Funktion als Werbemittel als auch im Hinblick auf technische Eigenschaften und bildliche Repräsentation der Produkte. Zudem wird durch die Verzeichnung eine Grundlage für die Objektdokumentation und -forschung geschaffen.

 

05. Dezember 2018 (Jens Brokfeld, M.A.)

 


Literatur

Montanhistorisches Dokumentationszentrum (montan.dok) beim Deutschen Bergbau-Museum Bochum/Bergbau-Archiv Bochum (BBA) FP

 

Digitaler Gedächtnisspeicher: Menschen im Bergbau. Unter: https://www.bergbaumuseum.de/forschung/forschungsprojekte/projekt-detailseite/digitaler-gedaechtnisspeicher-menschen-im-bergbau (Stand: 05.12.2018)