Erste deutsche Bergmännische Ausstellung, Gelsenkirchen 1893
Auf Initiative des Vereins der Grubenbeamten ins Leben gerufen, bot sie auf ca. 3300 Quadratmetern den zuliefernden Firmen des Bergbaus Gelegenheit, ihre Produkte vorzustellen. Die Ausstellung hatte allerdings nicht allein ein fachkundiges Publikum, wie etwa die 400 Bergleute der Zeche Bonifatius und des Knappenvereins ‚Glückauf‘ aus Neumühl-Hamborn, die im Lauf des Julis die Ausstellung besuchten, im Auge. Sie richtete sich zugleich an Bergleute, die mit ihren Angehörigen die Ausstellung besuchten, um, wie der Ausstellungsbericht rückblickend vermerkt, „mit sichtlichem, lebhaftem Interesse von den Ausstellungsgegenständen Kenntnis zu nehmen.“ Zugleich vermerkt der Berichterstatter den Lerneifer der Besucher, „giebt es doch gerade unter den Arbeitern viele, welche eifrig bestrebt sind, sich weiter zu bilden“.
Ausstellungen wie die in Gelsenkirchen stehen in einer langen Tradition von Industrie- und Gewerbeausstellungen, die im frühen 19. Jahrhundert begann. Einen Höhepunkt bildeten in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts die Weltausstellungen in London, Paris und Wien. Sie waren dabei in ihrer oft monumentalen Ausstellungsarchitektur nicht nur ein Schaufenster der damaligen technischen Welt und des mit der Technik verbundenen Fortschritts, sondern zugleich auch ein Ort, an dem die Besucher Maschinen und Innovationen unmittelbar in Funktion erleben konnten. Nicht von ungefähr mündet die Ausstellungseuphorie des Jahrhunderts in die ersten Technikmuseen wie das 1857 gegründete Science Museum in London oder das 1903 gegründete Deutsche Museum München.
Die Ausstellung in Gelsenkirchen nahm sich gegenüber ihren großen Vorbildern recht bescheiden aus. Doch auch hier verbanden sich ökonomische Interessen mit dem Wunsch, komplexe technische Maschinen und Vorrichtungen näher zu erklären und, wie man heute sagen würde, die „Akzeptanz“ von Technik zu erhöhen. Was der Gelsenkirchener Ausstellung allerdings fehlte, war ein Anschauungsbergwerk, eine Präsentationsform, die spätestens ab den 1920er Jahren ein unverzichtbarer Bestandteil einer jeden Ausstellung zum Steinkohlenbergbau war. Mit den dort nachgebauten Strecken und den zu Abbau und Förderung notwendigen Maschinen machten sie das komplexe System des untertägigen Bergbaus für die Besucher anschaulich.
Trotz aller bescheidenen Anfänge: Die Gelsenkirchener Schau zum Steinkohlenbergbau bildet den Auftakt zahlreicher weiterer Ausstellungen in Deutschland, die sich bis in die 1960er Jahre nachweisen lassen. Sie spiegelt zugleich das populäre Interesse am Bergbau und verweist damit indirekt auch auf die Gründung des Bergbau-Museums in Bochum im Jahr 1930.
Die Erforschung der Geschichte des Ausstellungswesens im Steinkohlenbergbau verdankt sich dem Projekt montan.dok 21, das sich in einem Teilprojekt mit der Erfassung von Bergbaumuseen in Deutschland beschäftigt.
04. Dezember 2017 (Dr. Stefan Siemer)
- Literatur
Die erste deutsche Bergmännische Ausstellung zu Gelsenkirchen vom 1. Juli bis 13. August 1893, Berlin 1894.