Fund des Monats: Wir beraten Sie gerne! Der Einfluss des Deutschen Bergbau-Museums Bochum auf Bergbaumuseen weltweit
Im Dezember 1937 war das damalige Bergbau-Museum Bochum gerade einmal knapp sieben Jahre alt, als den seinerzeitigen Museumsdirektor Dr.-Ing. Heinrich Winkelmann ein Schreiben des Landrats des Landkreises Aachen, Erwin Classen, erreichte. Classen bat um Hilfe bei der Gründung einer Abteilung „Bergbau an Wurm und Inde“ in dem seit 1935 bestehenden Kreisheimatmuseum Kornelimünster bei Aachen. Dies geht aus einer Akte mit dem Titel „Kreisheimatmuseum Cornelimünster“, die sich im Bestand 112: Deutsches Bergbau-Museum Bochum, Bochum, im Bergbau-Archiv Bochum befindet (vgl. auch im Folgenden montan.dok/BBA 112/923), hervor. Tatsächlich unterstützte Winkelmann zusammen mit dem damaligen Kustos des Bergbau-Museums Bochum, Julius Raub, die Arbeiten in Kornelimünster in beträchtlicher Weise. Die Leistungen umfassten unter anderem: Die Ausgestaltung des Schaubergwerkes, mehrere Leihgaben aus dem Bergbau-Museum Bochum, Hilfe bei der richtigen Aufstellung der für die Ausstellung vorgesehenen Maschinen und bei der korrekten Beschriftung der Objekte sowie bei der Gestaltung von Modellen und der Besorgung eines Stereobetrachtungsapparates.
Am 19. November 1938 konnte die neue Abteilung eröffnet werden. Lange sollte sie jedoch nicht bestehen: Die Sammlung der Bergbauabteilung war mit Kriegsende verlustig gegangen, wie Winkelmann bei einem Besuch in Kornelimünster 1947 mit Erschrecken feststellen musste. Das Kreisheimatmuseum selbst schloss 1970 seine Tore. Anhand von Fotografien und einer ausführlichen Beschreibung in besagter Akte sind die Gestaltung und das Aussehen der Bergbauabteilung in Kornelimünster aber noch heute ersichtlich.
Ein weiteres Projekt wurde im Jahr 1949 an Winkelmann herangetragen (vgl. auch im Folgenden montan.dok/BBA 112/922). Im Landesmuseum Volk und Wirtschaft in Düsseldorf sollte ein Schaubergwerk in der „Gruppe Kohle“ entstehen. Die 1947 aus der Notwendigkeit einer Steigerung der deutschen Kohlenproduktion gegründete und unter alliierter Kontrolle stehende Deutsche Kohlenbergbau-Leitung (DKBL) unterbreitete Winkelmann einen Vorschlag zur Gestaltung dieses Bergwerkes. Nach anfänglichen Bedenken war Winkelmann bereit, sich an dem Vorhaben zu beteiligen. Der vorgegebene Plan wurde vonseiten des Bergbau-Museums Bochum bearbeitet, und mehrere Mitarbeiter wurden für die Gestaltung des Schaubergwerkes abgestellt. Im März 1950 dankte der Generaldirektor der DKBL, Bergassessor a. D. Heinrich Kost, Winkelmann für seine Unterstützung bei der Einrichtung des Schaubergwerkes, das „einen guten Überblick über die Untertageverhältnisse im Abbau-, Strecken- und Blindschachtbetrieb vermittelt.“ Heute existiert das Landesmuseum Volk und Wirtschaft zwar nicht mehr, die im Bestand 112 überlieferte Akte über die Arbeiten in Düsseldorf vermittelt aber zumindest einen gewissen Eindruck von der Gestaltung des Schaubergwerkes.
Weit umfangreicher und arbeitsintensiver sollte das folgende Projekt in München werden, wie schon der entsprechende Aktenumfang vermuten lässt (vgl. montan.dok/BBA 112/915-921, 112/985). Erneut trat die DKBL an Winkelmann heran (vgl. auch im Folgenden montan.dok/BBA 112/918), denn das Deutsche Museum von Meisterwerken der Naturwissenschaft und Technik plante, den Untertagebergbau seiner Bergbau-Abteilung neu aufzubauen. Dafür wurden die DKBL und die Wirtschaftsvereinigung Bergbau e. V. als zentraler Dachverband der deutschen Bergbauindustrie um Hilfe gebeten, wie der Bochumer Museumsdirektor seinem Vorgesetzten in der Westfälischen Berggewerkschaftskasse, Bergschuldirektor Werner Lieber, am 07. Februar 1953 mitteilte. Winkelmann wurde von der DKBL gebeten, sich „in ihrem Auftrag an Ort und Stelle anzusehen, was dort gemacht werden kann“. Seine Meinung, „wie der Deutsche Bergbau dort anschaulich darzustellen“ sei, war gefragt. Die unterschiedlichen Ideen und Wünsche bezüglich der Gestaltung der Abteilung in Einklang zu bringen sowie die Frage der Finanzierung für alle beteiligten Stellen und Personen zufriedenstellend zu klären, gestaltete sich nicht gerade einfach, zumal die Zeit drängte. Der in den Akten überlieferte Schriftwechsel und die Aktenvermerke zu den Besprechungen in München und andernorts geben einen Eindruck von den Problemen. Hitzig ging es beispielsweise bei einer Besprechung in München am 15. Mai 1954 zu, wie ein entsprechender Aktenvermerk festhält (vgl. montan.dok/BBA 112/917). An der Besprechung hatten Direktor Karl Bässler, Dipl.-Ing. Fritz Vollmar, Max Burger und ein gewisser Architekt Müller vonseiten des Deutschen Museums sowie Winkelmann und Raub vonseiten des Bergbau-Museums Bochum teilgenommen. Schlussendlich konnte aber auch dieses Projekt zu einem glücklichen Ende geführt werden. Der Vorstand des Deutschen Museums dankte im August 1955 „nach dem Abschluß der Arbeiten an der naturgetreuen Nachbildung des westdeutschen Steinkohlenbergbaus im Deutschen Museum“ Winkelmann und seinen Mitarbeitern für die „Mitarbeit bei der Planung und die fachmännische Betreuung der Ausführung“ (vgl. montan.dok/BBA 112/917). Die Abteilung, die seitdem mehrfach erweitert wurde, existiert noch immer in München. Aktuell sind die Bereiche „moderner Steinkohlenbergbau“ und „moderner Erzbergbau“ wegen Bauarbeiten im Rahmen der Modernisierungsmaßnahmen allerdings nicht zugänglich.
Nicht nur innerhalb Deutschlands war die Hilfe des Bergbau-Museums Bochum gefragt, wie ein Schreiben vom 13. Februar 1958 aus Japan beweist (vgl. auch im Folgenden montan.dok/BBA 112/949). Die dortige Japan Coal Association, die in dem Brief mit der DKBL verglichen wird, plante die Einrichtung eines achtstöckigen Kohlezentrums in Fukuoka, der Hauptstadt der dortigen Kohleregion. Der Vertreter der Japan Coal Association, Tokuji Nakajima, wollte nun Informationen über das Bergbau-Museum Bochum und dessen Ausstellung, die bei der Planung und Umsetzung in Japan hilfreich sein könnten. Winkelmann schickte zunächst einen „Wegweiser durch das Bergbau-Museum Bochum“, und bat, sich bei weiteren Wünschen wieder zu melden. Eine Rückmeldung erfolgte allerdings nicht mehr.
In Indien war man sich ebenfalls der Bedeutung des Bergbau-Museums Bochum bewusst. Anfang der 1960er-Jahre beriet Winkelmann sowohl Dr. K. N. Sinha von der Central Mining Research Station in Dhanbad im Hinblick auf die dort geplante Einrichtung eines Bergbaumuseums als auch Amalendu Bose von dem Birla Industrial and Technological Museum in Kalkutta bezüglich der dort geplanten Einrichtung einer Bergbauabteilung mit Anschauungsbergwerk (vgl. montan.dok/BBA 112/1305). Die Kontakte nach Indien brachen nicht ab. So besuchte Samar Bagchi ebenfalls vom Birla Industrial and Technological Museum in Kalkutta im Mai 1970 das Bergbau-Museum Bochum, das mittlerweile durch Bergassessor a. D. Hans Günter Conrad geleitet wurde. Der Kurator des Museums in Kalkutta war erneut mit der Frage der Einrichtung eines Anschauungsbergwerkes befasst, „um die zukünftige[n] Bergingenieure Indiens über die technische Entwicklung unterrichten zu können“, wie es in einer Pressekonferenz im Bergbau-Museum Bochum anlässlich seines Besuches verlautete (vgl. montan.dok/BBA 112/931). Die Museumspläne in Indien beschäftigten den Bochumer Museumsdirektor noch einige Jahre später (vgl. auch im Folgenden montan.dok/BBA 112/1309). 1977 reiste er selbst nach Indien, wo er das Biral Industrial and Technological Museum bei der Errichtung eines Anschauungsbergwerkes im Keller eines neuen Flügels des Museums beriet sowie an Gesprächen zum Aufbau eines geplanten Bergbaumuseums, des Central Mining Museum in Dhanbad, auf dem Gelände eines stillgelegten Bergwerkes teilnahm. Die „Mock-Up Coal Mine“ im Birla Industrial and Technological Museum ist noch heute Teil des Museums.
Ägypten, Frankreich, die Niederlande, Polen und die Türkei wären noch in die Liste von Ländern aufzunehmen, aus denen die Bitte um Rat und Unterstützung das DBM bis in die 1970er-Jahre hinein erreichte (vgl. montan.dok/BBA 112/1305, 112/932, 112/927, 112/928, 112/946 und 112/947). Auch in Deutschland bestand weiterhin Interesse an der Expertise aus Bochum, wie ein Beispiel aus Werne zeigt (vgl. montan.dok/BBA 112/914). Hier bestand der Wunsch, einen Stollen im Tonnengewölbe des Heimatmuseums einzurichten. Aus Bochum wurde Unterstützung zugesichert.
Bis in die jüngste Zeit hinein wirkt das DBM an der Planung und Einrichtung von Bergbaumuseen in aller Welt aktiv mit. Zwar sind nicht immer alle Projekte verwirklicht worden und manches durch Bochum beratene Museum existiert heute nicht mehr. Dennoch zeigen die genannten Beispiele, welch große Bedeutung dem DBM bei der Bewahrung und Präsentation des materiellen Kulturerbes des Bergbaus sowohl in Deutschland als auch weltweit zukommt. Die Verwaltungsakten des DBM, die im Rahmen des Projektes „montan.dok 21“ aufgearbeitet werden, belegen das zum Teil außerordentlich große Engagement vonseiten des Museums und geben einen Einblick in die unterschiedlichsten Pläne für Bergbaumuseen, Bergbauabteilungen und Schaubergwerke weltweit.
04. November 2019 (Dr. Maria Schäpers)
- Literatur
Montanhistorisches Dokumentationszentrum (montan.dok) beim Deutschen Bergbau-Museum Bochum/Bergbau-Archiv Bochum (BBA) 112/914-923, 112/927, 112/928, 112/931, 112/932, 112/946, 112/947, 112/949, 112/985, 112/1305, 112/1309
Farrenkopf, Michael: Wiederaufstieg und Niedergang des Bergbaus in der Bundesrepublik, in: Ziegler, Dieter (Hrsg.): Geschichte des deutschen Bergbaus, Bd. 4: Rohstoffgewinnung im Strukturwandel. Der deutsche Bergbau im 20. Jahrhundert, Münster 2013, S. 183-302.
Informationen zu der Ausstellung Bergbau im Deutschen Museum sind online abrufbar unter: https://www.deutsches-museum.de/ausstellungen/werkstoffe-energie/bergwerk/plan-und-infos (Stand, 30.10.2019).
Informationen zu dem Anschauungsbergwerk im Birla Industrial and Technological Museum sind online abrufbar unter: https://bitm.gov.in/coal-mine/ (Stand, 30.10.2019).
O. A.: Landrat Classen 1928-1944, in: Bürgerportal der StädteRegion Aachen. Unter: https://www.staedteregion-aachen.de/de/navigation/staedteregion/geschichte/landkreis-aachen/1933-1945/landraete/landrat-classen-1928-1944/ (Stand, 30.10.2019).
Siemer, Stefan: Deutsches Museum, in: Getrenntes Bewahren – Gemeinsame Verantwortung. Das Portal des deutschen Steinkohlenbergbaus. Unter: https://www.bergbau-sammlungen.de/index.php/de/institution/deutsches-museum (Stand, 30.10.2019).