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Fund des Monats: Über den Nutzen der beweglichen Teile

Modelle, die die Funktionsweise des dargestellten Objektes veranschaulichen und die Betrachtenden durch bewegliche Elemente in ihren Bann ziehen, sind wichtige Ausstellungsstücke eines technischen Museums. 1953 wurde daher für die weitere Ausgestaltung der Abteilung „Streckenförderung“ im damaligen Bergbau-Museum Bochum eine ganze Reihe solcher Modelle eingeplant.

Das Modell einer dieselhydraulischen Grubenlokomotive im Deutschen Bergbau-Museum Bochum

 

Bei den vorgesehenen Modellen handelt es sich um Grubenlokomotiven. Der Wunsch vonseiten des Museums war, den Besucherinnen und Besuchern eine Entwicklungsreihe solcher Lokomotiven anhand von betriebsfähigen Modellen im Maßstab 1:5 zu präsentieren. Dies geht aus einem Rundbrief hervor, der im März 1953 an mehrere Firmen versandt wurde. Durchschläge des von Museumsdirektor Dr.-Ing. Heinrich Winkelmann unterzeichneten Schreibens befinden sich zusammen mit dem weiteren Schriftverkehr in dieser Angelegenheit im Bestand 112: Deutsches Bergbau-Museum Bochum, Bochum, im Bergbau-Archiv Bochum (vgl. auch im Folgenden montan.dok/BBA 112/1783).  

 

Die geplante Reihe sollte „die wesentlichsten geschichtlich interessanten Lokomotiven umfassen“, heißt es erklärend in besagtem Rundbrief. Gedacht sei, die verschiedenen Arten von Grubenlokomotiven – Fahrdraht-, Akkumulatoren-, Verbund-, Pressluft- und Diesellokomotiven – sowohl in ihrer Funktion als Hauptstrecken- als auch als Zubringerlokomotive zu zeigen.

 

Die Firmen wurden um Hilfe gebeten und eingeladen, nach Bochum in das Museum zu kommen, um hier genauer über die Pläne zu sprechen. Das Schreiben hatte Erfolg. So meldete sich beispielsweise die Klöckner-Humboldt-Deutz Aktiengesellschaft einige Wochen nach Eingang der Anfrage aus Bochum, um einen Termin zu vereinbaren. Oberingenieur Darius kam als Vertreter seiner Firma in das Bergbau-Museum Bochum. Hier wurde zunächst ein Missverständnis bezüglich der in dem Schreiben gewünschten Betriebsfähigkeit der Modelle aufgeklärt. Der Kustos des Museums, Julius Raub, erklärte Darius, dass betriebsfähig nicht bedeute, dass das Modell auf die gleiche Art und Weise betrieben werden müsse wie das Original. Darius hatte angemerkt, dass bei einem Maßstab 1:5 die Brennstoffpumpe respektive deren Öffnung zu klein wäre, um hier noch Brennstoff einzuspritzen. Dem Museum kam es aber vorrangig auf die Beweglichkeit der sichtbaren Teile an. Danach drehte sich das Gespräch noch um mögliche Fertigungskosten. Darius versprach, seiner Firma die Schenkung eines Modells vorzuschlagen.

 

Nach weiteren Gesprächen und schriftlichem Austausch wurde für das Modell der dieselhydraulischen Grubenlokomotive A6M 517/52 in der aktuellsten Ausführung ausgewählt. Die 90 PS starke und 14 t schwere Streckenlokomotive, so warb ein dem Bergbau-Museum Bochum überlassenes Prospekt (montan.dok/BBA FP 655/1), sei drei vom Bergbau in den vergangenen Jahren gestellten Forderungen gerecht geworden: Erstens würde es durch die Anbringung von zwei Führerständen zu einer Verbesserung der Sichtverhältnisse kommen; zweitens würden die hydraulische Getriebe die Bedienung erleichtern und das Fahrzeug schonen; drittens würde das erhöhte Reibungsgewicht die Anfahrzugkräfte und die Bremskräfte erhöhen.

 

Als günstigster Anbieter wurde die Modellbauanstalt Herl in Köln-Ossendorf mit der Fertigung von der Klöckner-Humboldt-Deutz AG beauftragt. Im September 1954 kam das Modell endlich nach Bochum (montan.dok 030009032001). Der Termin war wichtig, denn so war es pünktlich zur Eröffnung der Deutschen Bergbau-Ausstellung fertiggestellt worden. Diese Gewerbeschau zum deutschen Steinkohlenbergbau wurde 1954 schon zum dritten Mal in Essen veranstaltet. Bei Klöckner-Humboldt-Deutz ging man davon aus, dass die Besucherinnen und Besucher der Essener Bergbau-Ausstellung auch ihren Weg nach Bochum finden würden, wo sie dann „das Modell einer neuzeitlichen Diesel-Grubenlok in Augenschein nehmen können“. Winkelmann bedankte sich im Juli bei der Firma für ihre Bereitschaft, dem Museum die Modelllok zu schenken. Er vermutete, dass vor allem für „bergmännische Besucher“ das Modell von Interesse sein werde, und war ebenfalls der Meinung, dass „ein großer Teil der Besucher der Essener Ausstellung, vor allen Dingen die Ausländer“, das Bergbau-Museum Bochum besuchen werden würden. Er beendete das Dankesschreiben mit der Bemerkung, „[w]enn diese Besucher das Modell hier antreffen, so ist das für Sie und auch für uns von Vorteil.“

 

Aus diesem Austausch zwischen einer Firma und dem Museum wird ersichtlich, dass die Ausstellung im damaligen Bergbau-Museum Bochum in gewisser Weise auch eine Gewerbeschau war. Dies ist kaum verwunderlich, war es doch schon ein im Gründungsvertrag von 1930 festgeschriebener Zweck des Museums, „den Firmen, die für den Bergbau arbeiten, Gelegenheit zu geben, ihre Erzeugnisse in der Wirklichkeit oder im Modell auszustellen“ (montan.dok/BBA 112/119).

 

Das Modell der dieselhydraulischen Lokomotive wurde im Oktober nach einer zunächst provisorischen Aufstellung für die Zeit der Gewerbeschau in Essen auf Bitten des Schenkers direkt neben dem Modell der Deutz-Benzollokomotive (montan.dok 030090214001) aufgestellt. Dieses Modell war ebenfalls im Maßstab 1:5 gefertigt worden und befand sich schon seit 1930 im Museum. Auch andere Firmen schenkten dem Museum aufgrund des Aufrufs von 1952 Modelle von Grubenlokomotiven (vgl. 030009017001 und 030090230001). Durch die Überlieferung des Bestandes 112, die im Rahmen des Projektes „montan.dok 21“ aufgearbeitet wird, lässt sich erkennen, wie hoch der Wert von funktionstüchtigen Modellen für die Ausstellung eingeschätzt wurde. Zumal zum Zeitpunkt der Anschaffung in 1950er-Jahren viele Bergbau-Fachleute das damalige Bergbau-Museum besuchten.

 

Auch heute befinden sich viele Modelle mit beweglichen Elementen in den Musealen Sammlungen und in der Dauerausstellung des Deutschen Bergbau-Museums Bochum. Offenkundig geht immer noch eine Faszination von ihnen aus, beobachtet man die Besucherinnen und Besucher, besonders die Kinder, beim Betrachten.

 

01. August 2019 (Dr. Maria Schäpers)

 


Literatur

Montanhistorisches Dokumentationszentrum (montan.dok) beim Deutschen Bergbau-Museum Bochum 030009017001, 030009032001, 030090214001, 030090230001

 

Montanhistorisches Dokumentationszentrum (montan.dok) beim Deutschen Bergbau-Museum Bochum/Bergbau-Archiv Bochum (BBA) 112/119, 112/1783, FP 655/1

 

Siemer, Stefan: Objekt des Monats: Kurzführer zur Deutschen Bergbau-Ausstellung vom 13. bis 18. September 1958 in Essen, in: Getrenntes Bewahren. Gemeinsame Verantwortung. Das Portal des deutschen Steinkohlenbergbaus. Unter: https://www.bergbau-sammlungen.de/de/aktuelles/kurzfuehrer-zur-deutschen-bergbau-ausstellung-vom-13-bis-28-september-1958-essen (Stand: 09.07.2019).