Fund des Monats: Eine strahlende Medaille für das DBM
1969 wurde unter dem Titel „Ausbeutemünzen und Ausbeutemedaillen als wirtschafts- und technikgeschichtliche Quellen“ in Zusammenarbeit mit der Ruhr-Universität Bochum eine Ausstellung im damaligen Bergbau-Museum in Bochum eröffnet. Hier wurden Münzen und Medaillen mit bergmännischen Motiven von 1450 bis 1956 gezeigt. Zur Ausstellung gehörte auch eine Medaille aus Uran, die als Leihgabe von Bergassessor Gerhard Hurck zur Verfügung gestellt worden war. Der damit verbundene Schriftverkehr findet sich in den Verwaltungsakten des DBM im Bestand 112: Deutsches Bergbau-Museum Bochum, Bochum (hier montan.dok/BBA 112/853) im Bergbau-Archiv Bochum. In Vorbereitung der Ausstellung übersandte Hurck dem damaligen Museumsdirektor Bergassessor a. D. Hans Günther Conrad eine Untersuchung zur radioaktiven Strahlung seiner Medaille und einen Artikel in der Zeitschrift „Bergfreiheit“ von Prof. Dr. Franz Kirchheimer zur Geschichte des Gepräges.
Über die Geschichte der Medaillen ist bekannt, dass eine kleine Anzahl von ihnen 1956 im Auftrag der in Sulzbach-Rosenberg ansässigen Eisenwerk-Gesellschaft Maximilianshütte AG geprägt wurde. Die Schrötlinge, d. h. die Rohlinge, für diese Prägung wurden von einem Stab, der als Brennstoffelement für einen Kernreaktor geeignet war, abgetrennt. Mit den hergestellten Medaillen wurde die Gewinnung des ersten deutschen Urans gefeiert, wie auf den Stücken selbst zu lesen ist. Ein Brennstab und eine der Uranmedaillen wurden Ende Oktober 1956 dem Atomminister a. D. und Verteidigungsminister Franz-Josef Strauß überreicht. Strauß hatte großes Interesse an den Bergbautätigkeiten am Rudolfstein bei Weißenstadt im Fichtelgebirge gezeigt und das dortige Bergwerk auch besucht. Der bayerische Ministerpräsident Dr. Wilhelm Hoegner bekam ebenfalls einen Uranstab und einige Medaillen zur Verteilung unter den Kabinettsmitgliedern.
Seit 1950 wurde am Rudolfstein Torbernit, ein Kupfer-Uran-Phosphat, gewonnen, aus dem dann schließlich das für die Kernreaktoren benötigte metallische Uran erzeugt wurde. Die betreibende Gewerkschaft Werra gehörte zur Eisenwerk-Gesellschaft Maximilianshütte AG, einer Tochtergesellschaft der Friedrich-Flick KG. Der wegen seiner Vergehen in der Zeit des Nationalsozialismus verurteilte Friedrich Flick hatte sich 1949 noch aus dem Gefängnis heraus, als er von den Uran-Mineralisationsfunden durch die Gewerkschaft Werra gehört hatte, über seinen Mittelsmann Odilo Burkart die Mehrheit der Kuxe dieser Gewerkschaft sichern lassen.
Da die Urangewinnung im Nachkriegsdeutschland zunächst gesetzlich verboten war, wurden die Arbeiten anfangs noch unter strenger Geheimhaltung durchgeführt. Als Burkart die Brennstäbe und Medaillen 1956 an die Politiker überreichte, wurde die Leistung gewürdigt, zumal große Hoffnungen an die Kernenergie geknüpft wurden. Auf Seiten der Regierung bestand jedoch nicht die Bereitschaft, sich zu einer Abnahme, die mit Kosten von 675 DM je kg Uran verbunden waren, zu verpflichten. Die Gewinnung war schlicht zu teuer, um auf lange Sicht gegen die vergleichsweise billige Konkurrenz aus den USA standhalten zu können. Die Arbeiten in der Stollenanlage Werra wurden schließlich eingestellt.
Die Uranmedaillen sind daher mit die letzten noch greifbaren Zeugnisse dieser kurzen Episode der Uranherstellung in der noch jungen Bundesrepublik Deutschland. Zwar wurde schon während des Zweiten Weltkrieges metallisches Uran für den Betrieb eines dann nicht mehr fertiggestellten Atommeilers in Deutschland hergestellt, der Rohstoff stammte aber aus besetzen Gebieten, nämlich aus St. Joachimsthal (heute Jáchymov) und aus Schmiedeberg (heute Kowary) im Riesengebirge. So ist die Angabe „erstes deutsches Uran“ auf den Medaillen von 1956 durchaus passend.
Nur wenige Monate nach der Präsentation eines dieser raren Zeugen der deutschen Uranherstellung während der Ausstellung über Ausbeutemünzen und -medaillen, gelang der Erwerb einer Prägung für das DBM. Vermittelt durch den Numismatiker Gerhard Hirsch wurde Anfang 1970 eine der Uranmedaillen zusammen mit dem Original-Bleietui gekauft (vgl. auch im Folgenden montan.dok/BBA 112/853). Zuvor hatte sich Dr.-Ing. Fritz Spruth, der ehrenamtlich für das DBM tätig war, noch einmal näher mit der Thematik beschäftigt. Er bekam Informationen von Bergassessor Franz Beckenbauer, der 1956 als Verantwortlicher für die Eisenerzgrube Karoline in Sulzbach-Rosenberg die Medaillen hatte prägen lassen. Er teilte Spruth mit, dass seinerzeit von zwei unterschiedlichen Stempeln jeweils 60 Medaillen aus Uran gefertigt worden seien. Ein von Beckenbauer angefertigter Abklatsch beider Ausführungen zeigt zusammen mit der Beschreibung des Münzbildes die unterschiedlichen Ausführungen der Prägungen.
Der erste Stempel hätte, so teilte Beckenbauer Spruth mit, bei der Herstellung Probleme bereitet, daher sei ein zweiter, etwas kleinerer für weitere Prägungen hergestellt worden. Es gäbe zudem ein bis zwei Silberabschläge von der größeren Ausführung. Acht Abschläge aus Silber und zwei aus Bronze seien von der kleineren Ausführung angefertigt worden. Eine solche Silberprägung gelangte übrigens durch Ankauf schon 1967 in den Besitz des DBM.
Auch die 1970 für das DBM erworbene Uranmedaille gehört zu der kleineren Ausführung. Auf dem Avers ist zu lesen: „ERSTES DEUTSCHES URAN VON WEISSENSTADT IM FICHTELGEBIRGE 1956 MH“, darunter sind zwei Eichenzweige zu erkennen. Auf dem Revers sind das bayerische Wappen und darunter die Jahreszahl 1853 zu sehen. Die Umschrift lautet: „EISENWERKSGESELLSCHAFT. MAXIMILIANSHÜTTE. A.G. SULZBACH-ROSENBERG. HÜTTE“. Die Buchstaben MH auf der Vorderseite und die Jahreszahl auf der Rückseite beziehen sich jeweils auf die Maximilianshütte. Die Medaille wiegt 55 g und hat einen Durchmesser von 40 mm.
Die strahlende Medaille wird heute separat unter Beachtung aller Sicherheitsauflagen für radioaktive Objekte verwahrt. Der Schriftwechsel des DBM, der im Rahmen des Projektes „montan.dok 21“ derzeit archivisch aufbereitet wird, gibt genauere Auskünfte zu den Hintergründen ihrer Anschaffung für die musealen Sammlungen. Dass sie seinerzeit erworben wurde, zeigt, wie wichtig die Beschäftigung mit anderen Bergbausparten neben der der Steinkohle erachtet wurde. Auch heute noch widmet sich das DBM allen Bergbauzweigen. Hier im Leibniz-Forschungsmuseum für Georessourcen wird epochenübergreifend die Geschichte der Gewinnung, Verarbeitung und Nutzung von Georessourcen erforscht, bewahrt und vermittelt.
01. Juni 2018 (Dr. des. Maria Schäpers)
- Literatur
Montanhistorisches Dokumentationszentrum (montan.dok) am Deutschen Bergbau-Museum Bochum 033304245000
Montanhistorisches Dokumentationszentrum (montan.dok) beim Deutschen Bergbau-Museum Bochum/Bergbau-Archiv (BBA) 112/853
Deutsches Bergbau-Museum Bochum (Hrsg.): Ausbeutemünzen und Ausbeutemedaillen als wirtschafts- und technikgeschichtliche Quellen. Ausstellung in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Wirtschafts- und Technikgeschichte der Ruhr-Universität Bochum vom 11. Mai - 8. Juni 1969, Herne 1969 (= Veröffentlichungen aus dem Deutschen Bergbau-Museum Bochum, Nr. 1).
Meier, Stefan: Das Zinn- und Uranbergwerk am Rudolfstein bei Weißenstadt, Fichtelgebirge, in: Lapis 35, 2010, H. 2, S. 29-37.
Pfeufer, Johannes: Torbernit-Mineralisation und Prägung der Uran-Medaillen von Weißenstadt (Fichtelgebirge), in: Geowissenschaften 14, 1996, H. 12, S. 552-558.
Priemel, Kim Christian: Flick. Eine Konzerngeschichte vom Kaiserreich bis zur Bundesrepublik, Göttingen 2007 (= Moderne Zeit. Neue Forschungen zur Gesellschafts- und Kulturgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, Nr. 17).
Vogel, Jochen: Medaillen aus Uran – ein absurdes Werbegeschenk an Franz-Josef Strauß. Zur Uranerzkunde in Nordbayern, Steinach/Thür 2010 (Museumsverein Schieferbergbau Steinach/Thür. e.V., Nr. 1/10 (152)).